Ein Jahr als Familie mit zwei Kindern durch Südostasien

Lars und Daniela (beide 42) aus St. Gallen haben sich einen Traum erfüllt. Gemeinsam mit ihren Töchtern Jill (11) und Joya (9) reisten sie zwölf Monate mit dem Rucksack durch Indonesien, Malaysia, Thailand, Laos, Vietnam und Indien. Wie das geklappt hat verraten sie dir in diesem Interview.

Am 25. Juli 2012 begann das Abenteuer, fast auf den Tag genau ein Jahr später kamen die Vier wohlbehalten und mit einem Berg von Erinnerungen und Eindrücken wieder zurück. Die einzelnen Etappen der Tour kannst du auf ihrem Reiseblog nachlesen. Dort findest du auch ihr Fazit: „Jede Familie sollte sich eine kleine Auszeit gönnen. Diese Zeit zusammen ist 1000x mehr wert als ein neues Auto, teure Kleider & Möbel oder weitere unnütze Dinge!“

Mit Kindern durch Südostasien

Ich habe die Seite der Familie vor einiger Zeit durch Zufall entdeckt und war sofort begeistert. Die Freude und gute Laune in den Berichten und Fotos ist ansteckend. Zudem zeigt sich einmal mehr, dass Backpacking auch noch mit Kindern möglich ist.

Doch was ist anders? Und welche Tipps haben Lars und Daniela für andere Eltern, die noch zögern oder bereits planen? Um das herauszufinden, habe ich ein Interview mit den beiden gemacht.

Mit zwei Kindern seid ihr ein Jahr durch Südostasien gereist. Wie entstand diese Idee, und wie lange hat die Vorbereitung gedauert?

Wir waren schon zweimal für mehr als ein Jahr auf Reisen. 2006/07 waren wir mit den Kindern für 15 Monate vor allem mit dem Wohnmobil in Europa und noch fünf weitere Monate in Südostasien unterwegs. Schon damals wussten wir, dass wir so etwas nochmal machen möchten. Allerdings waren die Kinder dann schon schulpflichtig und unser Traum von einer nochmaligen großen Reise ruhte vorerst im Hinterkopf. Irgendwann wagten wir dann doch ein Gespräch mit den Schulverantwortlichen. Als wir dort die Erlaubnis erhielten, hatten wir noch etwa neun Monate für die Vorbereitungen zur Verfügung. Begonnen zu sparen haben wir allerdings bereits einige Jahre davor.

Wie haben Familie und Freunde auf euren Entschluss reagiert?

Da es nicht unsere erste Reise war, hat es niemanden speziell überrascht. Allgemein wurde das Unternehmen als mutig und positiv aufgenommen. Wir allerdings finden das überhaupt nicht mutig, denn für uns war es nur die Erfüllung eines großen Traums. Trotzdem flossen beim Abschied natürlich viele Tränen. Der Abschied fiel nicht ganz so schwer, weil uns beide Eltern in Südostasien besucht haben. Durch den Reiseblog und mittels Skype waren wir Freunden und Familie trotz großer Entfernung nahe.

Was sind die zentralen Unterschiede zwischen einer Reise mit Kind und einer ohne? Sowohl unterwegs als auch bei der Planung?

Das Reisen gestaltet sich langsamer, man bleibt länger vor Ort und überlegt sich zweimal, ob man eine 15-stündige Busfahrt auf sich nehmen möchte – zumindest anfangs. Später waren die Girls reiseerprobt und machten die langen Reisezeiten ohne Probleme mit. In puncto Sicherheit haben wir wegen der Beiden den südostasiatischen dem mittelamerikanischen Raum vorgezogen.

Die Reisekosten sind generell höher mit Kindern. Besonders jetzt wo sie nicht mehr so klein sind und jeder ein eigenes Bett beansprucht, steigen die Übernachtungskosten natürlich. Bei der Planung mussten vier statt zwei Meinungen und Interessen auf einen Nenner gebracht werden. Wir hielten dafür jeweils Familienrat.

Inwieweit waren die Kinder an der Planung der Reise beteiligt?

Bei der Entscheidung, ob wir diese Reise überhaupt machen wollen, mussten alle Vier davon überzeugt sein. Da sie bereits mehrmals mit dem Rucksack in Südostasien unterwegs waren, hatten sie schon eine Vorstellung, auf was sie sich einließen. Sie wählten vor allem ihre Lieblingsländer Vietnam und Thailand als Destination. Dann waren sie natürlich bei Tiererlebnissen wie die Orang-Utans in Sarawak Feuer und Flamme. Wir planten aber die genaue Reiseroute nicht vorab, hatten nur einen Gabelflug Zürich – Bali und Bangkok – Zürich gebucht.

War es schwierig, die Kinder aus der Schule rauszunehmen?

Seitens der Lehrerschaft und Schulleitung bekamen wir ein positives Echo. Offiziell geht das in unserem Kanton seitens des Schulamtes aber nicht. Aus diesem Grunde war die Abmeldung von unserem Wohnort und Wegzug ins Ausland die einzige Möglichkeit, dies zu umgehen. Dies bewirkte allerdings viele versicherungstechnische Hürden.

Wie haben sich die Kinder unterwegs entwickelt? War Heimweh ein Problem?

Die Girls haben sich ohne Druck von Schule und Freundinnen super entwickelt und waren teilweise richtig wissensdurstig. Sie sind zu kleinen Persönlichkeiten gereift und werden dieses erlebnisreiche Jahr wohl immer mit sich tragen. Das gilt auch im Hinblick auf Themen wie Umweltverschmutzung, Armut und Überfluss in unserer Gesellschaft.

Erstaunlicherweise hatte dasjenige Kind, von dem wir es überhaupt nicht erwarteten, einmal ziemlich Heimweh. Einige Wochen später hatte sich aber Besuch angekündigt, und so konnte sie sich darauf freuen. Danach war das Heimweh kein Thema mehr und sie würde am liebsten morgen schon wieder losziehen. Die Große, von der wir das Heimweh am ehesten erwartet hätten, hatte so gut wie nie Heimweh. Sie genießt es jetzt zuhause aber wieder sehr mit ihren Freundinnen und würde wohl nicht so schnell wieder auf eine große Reise gehen wollen.

Rückblickend auf die zwölf Monate in Südostasien: Was hat euch überrascht? Hat es Dinge gegeben, die ihr vorher unterschätzt habt?

Es hat uns überrascht, wie einfach und unkompliziert das Reisen und die Organisation unterwegs waren. Auch die Kinder wurden zu super Travellergirls und trugen ihre Rucksäcke meist problemlos, schliefen oft auf engem Raum, Zug- und Busfahrten fanden sie spannend, einfachste Unterkünfte waren für sie ok. Auch der Bewegungsdrang unserer Großen konnte gut gestillt werden.

Trotz umfassender Reiseerfahrungen im asiatischen Raum haben wir Indien unterschätzt. Die Gegensätze waren krass und für die Kinder war es oft am oberen Limit mit den Eindrücken und der Armut. Gleichzeitig haben wir dort aber auch die nachhaltigsten Erlebnisse mitnehmen können und möchten unbedingt wieder einmal Indien bereisen.

Das tägliche Unterrichten war schon manchmal ein Kampf und auch wir Eltern mussten uns zusammenreißen, dass wir auch an den schönsten Orten zuerst zwei bis drei Stunden unterrichteten, bevor wir den Tag genossen. Im Verlauf der Reise verkürzten wir die Anzahl der Schultage von fünf auf drei pro Woche. Aber auch so brachten wir den geforderten Schulstoff durch.

Wie eignet sich Südostasien als Ziel zum Reisen mit Kind? In welchen Ländern hat es besonders gut geklappt, wo war es schwierig?

Südostasien eignet sich sehr gut! Alles ist einfach zu organisieren, kostengünstig, die Menschen sind hilfsbereit und freundlich. Zudem gibt es überwiegend gute Verbindungen von A nach B. Immer und überall hatten wir einen Familienbonus und wurden meist bevorzugt behandelt und herzlich willkommen geheißen.

Nach Indien würden wir nie mit Kleinkindern gehen, jedenfalls nicht individuell. Alle anderen Länder eignen sich aber super. Beachtet jedoch Themen wie Regenzeiten und Malaria.

Was waren eure Reise-Highlights? Was waren die der Kinder?

Für uns unvergessen sind der Elefantentrip und Bookparty in Laos, das Taj Mahal und die Stadt Udaipur in Indien. Dazu die herrlichen, unzähligen Massagen, das Schnorcheln mit Mantarochen in Bali, die Orang Utans in Sarawak, das überall leckere Essen und die farbenfrohen Märkte und vieles mehr.

Für die Kinder waren es vor allem Tiererlebnisse, das Taj Mahal, schöne Strandtage auf Koh Lipe und Koh Phayam über Weihnachten, die Elternbesuche, Bangkok und Penang.

Wie ist euch allen der Wiedereinstieg in den Alltag gelungen?

Trotz unglaublich schnellen Jobzusagen taten wir Erwachsenen uns bis vor Kurzem unglaublich schwer mit der Akklimatisation. Die engen gesellschaftlichen Normen, Verpflichtungen und Erwartungen, die vielen Termine, der tägliche Wecker, die „kurzen“ Ladenöffnungszeiten und das teure Leben machten uns zu schaffen. Nichtsdestotrotz genießen wir den Kontakt mit Freunden und Familie. Die Kinder haben sich schnell wieder ohne Probleme integriert.

War es für die Kinder leicht, wieder Anschluss an ihren Freundeskreis zu finden?

Ja, sehr. Für sie war es, als wenn sie gar nie weg gewesen wären. Kinder sind da ja so was von unkompliziert. Für die Große war es auch in der neuen Schulklasse sehr einfach, wieder neue Freundinnen zu finden. Auch mit den alten Schulfreundinnen pflegt sie immer noch Kontakt. Die Kleine hatte es noch einfacher und konnte wieder in dieselbe Klasse einsteigen.

Wenn eine junge Familie eine ähnliche Reise plant, welchen Tipp würdet ihr ihnen geben?

Unbedingt machen und nicht immer wieder hinterfragen. Sollen wir, sollen wir nicht … Bei der Planung der Reise nicht zu viel festlegen und offen sein für Routenänderungen. Weniger ist mehr!

Abschließende Frage: Ist die nächste Reise schon geplant?

Eine kleine Reise steht im Sommer an. Uns zieht es für vier Wochen wieder nach Malaysia und Thailand. Für eine längere Reise müssen wir wohl noch etwas Geduld haben. Je älter die Kinder werden, umso schwieriger wird die Planung für eine solche Reise. Pläne und Wünsche gibt es immer. Die Länder, die uns in naher Zukunft interessieren, sind Iran, Kuba, Indien, Kambodscha und Mexiko.
Unser Traum wäre es, einmal zwei bis drei Jahre in einem asiatischen Land zu leben und zu arbeiten. Die Frage ist nicht ob, sondern wann wir dies verwirklichen können.

Mehr Erlebnisberichte und viele nützliche Tipps findest du in meiner Rubrik “Reisen mit Kind in Südostasien”.

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